Autor – Jan Gehrig / IT Security Manager
Mehr Macht und Profit: Das gewinnen Amazon, Facebook, Google & Co. durch kostenlose Annehmlichkeiten, die sie uns «schenken». Wir bezahlen dafür nicht mit Geld, sondern mit persönlichen Daten. Es ist höchste Zeit für mehr Transparenz!
Es ist offensichtlich, dass das Internet heute zunehmend auf die aktuelle Marktsituation, beziehungsweise die spezifischen Vorlieben und Interessen der einzelnen Nutzer zugeschnitten ist. Zu Beginn dieser Ära mussten sich Unternehmen noch dort informieren, wo Werte geschaffen wurden. Der Schlüssel zum Erfolg bestand darin, ein Geschäftsmodell anzuwenden, welches sich anderenorts bereits bewährt hatte. Printmedien und Rundfunk erwirtschafteten seit jeher den grössten Teil Ihres Umsatzes mit der Publikation von Werbung. Und so erkannten auch die aufstrebenden Titanen des digitalen Zeitalters, dass Daten der Schlüssel zum Profit waren.
Persönliche Daten verschachert – ein Glasperlen-Deal
Die beste Möglichkeit an Daten für Verhaltensanalysen und Segmentierungen zu kommen, besteht darin, den Nutzern einen vermeintlich kostenlosen Service anzubieten. Ganz nebenbei lässt sich so auch gleich noch etwas Geld mit Werbung scheffeln. Was für die Verbraucher auf den ersten Blick kostenlos erscheint, lohnt sich für die Anbieter also gleich doppelt. Aber wo führt das alles hin? Verkommen persönliche Daten tatsächlich immer mehr zu einem Konsumgut unter anderen Namen?
Die Idee, dass Daten das Öl der Zukunft werden könnten, hat sich im Zuge der digitalen Transformation mehr und mehr manifestiert. Diese Perspektive zeigt jedoch nicht, wie Unternehmen Daten tatsächlich nutzen und wie eine dienstleistungsorientierte Informationsökonomie funktioniert.
Politisch nötig: Mehr Transparenz
Im Gegensatz zu Daten, kann Öl als Endprodukt überall eingesetzt werden. So kann es zum Beispiel als Kraftstoff für Autos, Flugzeuge und industrielle Anlagen dienen. Daten haben jedoch keinen derartigen universellen Nutzen. Vielmehr müssen Datensätze zur Verarbeitung auf spezielle Algorithmen zugeschnitten werden. Die Politik sollte deshalb daran interessiert sein, dass Unternehmen in Zukunft zu einer gewissen Transparenz verpflichtet werden. Das erforderliche Verständnis der Konsumenten kann nämlich nur durch Transparenz geschaffen werden. Und genau daran fehlt es uns heute!
Mangelnde Kontrolle über die Veredelung der Daten
Persönliche Daten sollten grundsätzlich das bleiben, was der Wortlaut suggeriert; nämlich persönlich.
Im 19. Jahrhundert assoziierten wir die Kommerzialisierung noch mit dem Aufkommen der industriellen Massenproduktion. Heute sprechen wir im selben Kontext bereits von der Weiterverarbeitung personenbezogener Daten für digitales Marketing. Daten wurden somit binnen kürzester Zeit zum neuen Treibstoff für die Wirtschaft und das Direktmarketing. Welche Veredelungsprozesse die gesammelten Informationen dabei durchlaufen, hängt in erster Linie von deren Ursprung ab. Das wohl bekannteste Beispiel hierzu ist Data Mining. Bei diesem Analyseverfahren werden ausgewählte Daten nach nicht offensichtlich erkennbaren Zusammenhängen durchsucht.
Google weiss mehr über uns als wir selbst
Die Vorhersehbarkeit unseres Verhaltens folgt den Mustern unserer Onlineaktivitäten. Und diese folgen wiederum den Algorithmen, Diensten, Plattformen und Inhalten, welche die Grundlage des Internets bilden. Wir sehen, was wir sehen sollen: nämlich das, was komplexe Algorithmen aufgrund unserer Verhaltensmuster auf uns zugeschnitten haben. Mittels Ads werden uns beim Surfen auf diese Weise gezielt Angebote unterbreitet. So weiss Google zum Beispiel in den meisten Fällen als Erster darüber Bescheid, was uns gerade bewegt. Lange bevor wir uns dazu bereit fühlen, mit jemandem darüber zu sprechen. Aber wieso? Die Antwort darauf ist so naheliegend wie simpel: Wir durchsuchen das Internet nach entsprechenden Begriffen. Wurde die wirtschaftliche Moderne früher als der berühmte Eisenkäfig bezeichnet, entspricht das, was wir heute erleben zunehmend einer digitale Echokammer.
So wappnen wir uns gegen die tägliche Manipulation
Wenn wir uns nicht einsperren und manipulieren lassen wollen, müssen wir…
- unsere Beziehung zu den Daten die wir preisgeben neu bewerten,
- die Funktionsweise der digitalen Algorithmen zur Verhaltensanalyse besser verstehen und
- hinsichtlich unserer digitalen Zukunft lernen, verantwortungsbewusster zu agieren.